Die Fasnet fällt der Pandemie zum Opfer. Wer meinte, sie würde dieses Jahr deshalb in die Vergessenheit gedrängt, der hat sich gewaltig geirrt. Zumindets in Burladingen lebt die Fasnet – und das ist äußerst sichtbar.
Burladingen. Wer die beiden Narrenvereine, die Spältlesgucker aus Hörschwag und die Rauchkatzen aus Stetten, kennt, dem war klar, dass sich die Vereinsführungen der Vereine Gedanken über die doch sehr wahrscheinlich ausfallende Fasnet 2021 machen.
Was tun, um die Fasnet nicht total ausfallen zu lassen? So hatten die drei Vorsitzenden der Spältlesgucker, Marcel Wörz, Markus Schoser und Annika Heinzelmann, eine Idee. Da in Coronazeiten keine Laufbändel ausgegeben und auch kein Narrenbaum aufgestellt werden kann, entschloss man sich kurzerhand, Hörschwag in der Fasnetszeit erstrahlen zu lassen.
Kurz entschlossen erhielten die Spältlesgucker von ihrem Vorstand folgende Nachricht: "Liebe Spältles-Gucker, leider wird die Fasnet 2021 wohl anders verlaufen wie gewohnt. In welchem Rahmen wir die Fasnet feiern dürfen, ist derzeit noch nicht planbar. Deshalb fangen wir mal klein an und würden uns über viele Narrenbäume im ganzen Ort freuen. Die Grundlage dafür haben die meisten noch in ihrem Haus stehen. Wir würden uns über eine große Beteiligung sehr freuen! Also Weihnachtsbäume zu Fasnetsbäume schmücken und vor dem eigenen Haus dekorieren. Euer Hexenausschuss!" Wie es aussieht, wird diese Aktion ein Erfolg. Am Dreikönigstag waren es bereits sieben, täglich kommen neue dazu.
Die selbe Idee hatte auch die Vereinsführung der Rauchkatzen aus Stetten. Mit der Aktion "Fasnet Dohoim – Christbaum wird Narrenbaum" will man wenigstens ein bisschen "Fasnetsfeeling" aufkommen lassen. Dort kann jeder, der mitmachen möchte, Bilder seines umfunktionierten Christbaums dem Narrenverein bis zum 18. Januar zukommen lassen. Davon wird dann eine Bildercollage erstellt, die für jeden zugänglich in den Fenstern des Foyers der Festhalle zu sehen sein wird. Des Weiteren besteht die Möglichkeit für alle Kinder, sich ebenfalls mit einem kleinen Beitrag, in Form von Bildern oder etwas Gebasteltem zum Thema Rauchkatzen, an "der etwas anderen Fasnet" zu beteiligen. Die Kunstwerke können dann am 30. und 31. Januar in einer Kiste vor dem Foyer der Festhalle abgelegt werden. Die Werke, die später vom Narrenverein im Foyer ausgestellt werden, sollten mit Namen und Kontaktdaten versehen werden. Denn als Belohnung für die Bemühungen bekommt jedes mitwirkende Kind bis 16 Jahre eine Strickmütze mit Logo des Vereins.
Ein Zeichen, dass die Saison noch nicht ganz abgeschrieben ist
Und in Melchingen wurde der Narrenbaum gestellt: Heimlich, still und leise – eigentlich gar nicht die Art der Narrhalla Klein-Berlin. Normalerweise ist das Ereignis der Fasnetsauftakt, und es wird groß mit einem kleinen Umzug gefeiert. Anschließend wäre in der Halle "Krönungsball" mit den Lauchertmusikanten, die Prinzengarden hätten ihre neuen Tänze gezeigt, und die Humoristen hätten Kostproben ihres Humors zum Besten gegeben. Nicht zu vergessen: die Krönung des Prinzenpaares. Und dieses Jahr? Ist es ein Erinnern, dass Fasnet sein sollte, und ein Zeichen, dass die Narrhalla die Saison noch nicht ganz abgeschrieben hat und nach Wegen sucht, die Fasnet – in welcher Form auch immer – am Leben zu erhalten. Und so lief das Stellen des Narrenbaums ab: Nicht mal eine Handvoll Elferräte bringen einen kleinen Narrenbaum mit großen Maschinen in die Höhe. Und so schnell wie sie gekommen sind, sind sie auch wieder weg. "Der Baum ist bewusst klein gewählt worden", betont Narrenpräsident Stefan Kürsammer, "somit war gewährleistet, dass der Abstand eingehalten werden konnte." Die Gallionsfiguren der Melchinger Fasnet, Burghexe und Klein-Berliner Bär, zieren nicht den Narrenbaum – sondern sie hängen in den Linden am Parkplatz. "Es war schon ein komisches Gefühl, den Baum so ganz ohne Musikanten und Zuschauer zu stellen", gestand der Präses.
Wie es mit der Fasnet weitergeht, darauf will sich Kürsammer noch nicht festlegen: "Wir warten erstmal noch ein bisschen ab, welche Verordnungen die nächste Zeit kommen. Wir sind flexibel und bereit, auch kurzfristig etwas auf die Beine zu stellen." Im stillen Kämmerlein arbeiten die Elferräte an einem ganz anderen Konzept, nämlich an einer "Fasnet to go". Wie diese aussehen könnte, muss noch entschieden werden. Das Motto wird in den nächsten Tage festgelegt, und da es keine Wahl des Prinzenpaares geben wird, regieren an dieser Fasnet Vanessa die 1. und Johannes der 1. abermals. "Wir stecken den Kopf nicht in den Sand und werden, egal in welcher Form auch immer, auch dieses Jahr eine Fasnet durchführen", ist sich der Klein-Berliner Präsident sicher.
Melchingen. Angeführt von den Lauchertmusikanten zogen der Elferrat die Prinzengarden, kleines und großes Prinzenpaar und jede Menge Hexen und Bären mit Fackeln und laut "Horig Horig" durch das nächtliche Klein-Berlin.Zehn neue Burghexen, einige davon schon aus der zweiten Generation, waren mit im Zug und wurden angebunden an den Narrenbaum geführt. Hier hatten sie vor dem Hexenvater, Klaus Szaukellis, vier Prüfungen abzulegen, damit sie in den Kreis der Burghexen aufgenommen werden.Da sich jede Hexe vor dem Feuer fürchtet, mussten alle einen Sprung darüber wagen, um anschließend mit ihrem Besen um den Narrenbaum zu reiten. Um sich für die kommende Saison zu stärken, gab es anschließend einen großen Schluck bittersüßen Hexentrunk. Pyramiden bauen ist bei den Burghexen Ehrensache und die neuen mussten zeigen, dass sie auch dazu in der Lage sind. Nachdem auch dies bewerkstelligt war und der Hexenschur am Narrenbaum lautstark durch die Nacht tönte, wurden die zehn Neuen mit fürchterlichen Geschrei aufgenommen.
Narrenpräsident Stefan Kürsammer lud anschließend die zahlreichen Zuschauer zum Maskenball in die Festhalle ein. In der Festhalle gaben sich die "Stars der Welt" die Klinke in die Hand, und schon bald war die Halle bis auf den letzten Platz mit verkleideten Narren gefüllt. Dabei störte auch eine närrische Protestbewegung nicht, die auf ihren Plakaten zu einer Freitagsdemonstration für die Fasnet aufriefen. Stefan Kürsammer und Tobias Ellner führten durchs Programm und stellten die fünf Gruppen vor, welche sich für den Kostümwettbewerb gemeldet hatten.
"Speedi Gonzales, die schnellste Maus aus Mexico", "Raketen auf dem Weg zu den Stars", "Finde den Fehler", "Die sechs Zwerge", "Kelly Familie" und "Der Rote Teppich" buhlten um die Gunst des Publikums. Zum Showtanz traten mit Raketen auf dem "Weg zu den Stars" und die "Singende Altkleidersammlung Kelly Familie" nur zwei Gruppen an. Anmutig tanzten die Raketen und die Männer der Gruppe parodierten Charlie Chaplin. Die Kelly Familie sang die herzzerreisenden Schnulzen der Sängerfamilie und versuchte, damit zu punkten.
Während die Besucher aufgefordert waren, ihre Stimmzettel auszufüllen und die Jury diese auswertete, stürmte der "Burladinger Blechschaden" die Bühne. Mit ihrem Sound brachten sie die Halle zum Beben. "Bei unseren Wettbewerben gibt es keine Verlierer", verkündete Tobias Ellner, und weiter sagte er: "Der große Gewinner ist die Klein-Berliner Fasnet." In der Gunst des Publikums standen nach der Auszählung der Stimmen im Kostümwettbewerb und im Showtanz die "Kelly Familie" ganz oben.
Kürsammer kündigte anschließend einen weiteren Höhepunkt des Abends an, das Klein-Berliner Männerballett. Stefanie und Bianca Schanz hatten mit den Männern die Schritte eingeübt, sodass diese graziös über die Bühne schweben konnten. Leichtes Spiel hatte dann die Luka Salmendingen, die die Stimmung vollends zum Sieden brachte.
wir können auf ein sehr gelungenes "verrucktes Doppeljubiläum" der Narrhalla Klein-Berlin zurückblicken und möchten allen oben genannten herzlichst danken. Es war ein unbeschreibliches Wochenende mit viel Spaß und Freude. Wir werden hier auf unserer Homepage nach und nach viele Impressionen, Videos usw. veröffentlichen. Bitte gebt uns noch ein wenig Zeit. Bis dorthin unten einige Links der Veröffentlichung der Lokalen Presse:
70 Jahre Narrhalla Klein-Berlin, 30 Jahre Burghexen: Die Melchinger Narren feiern zwei runde Geburtstage (Bericht 09.01.2020 - Reutlinger General-Anzeiger)
BURLADINGEN-MELCHINGEN. Als 1950 »s’Weber Kaspers Sofie« die Narrhalla-Fahne nähte und bestickte, war das die Geburtsstunde der Narrhalla Klein-Berlin. Die damaligen Elferräte hätten sich nie träumen lassen, dass 35 Jahre später die Burghexen und 15 weitere Jahre später die Klein-Berliner Bären aus der Taufe gehoben werden sollten. Heute zählt die Narrhalla mit ihren Maskengruppen zu den größten Melchinger Vereinen. Aus Überlieferungen, nachzulesen in der Festschrift der Narrhalla zum 40. Jubiläum, geht hervor, dass in Melchingen schon lange Fasnet gefeiert wird.
Es gibt alte Bilder von einem Zirkus vor der Linde, einer nachgestellten Hochzeit und dem legendären Walfisch. Um die evangelischen Nachbarn ein bisschen zu necken, fuhr man auch mit Pferden und Wagen nach Willmandingen. Woher der rheinische Einschlag in der Klein-Berliner Fasnet kommt, kann nicht so ganz genau belegt werden. Eine Theorie ist, dass die jungen Männer aus dem Dorf Melchingen, das zu Hohenzollern und damit auch zu Preußen gehörte, ihren Wehrdienst in Berlin oder im Rheinland ableisten mussten und ihre Karnevalsbräuche von dort mitgebracht haben.
Andere behaupten, die Melchinger hätten sich das Beste aus der schwäbisch-alemannischen Fasnet und dem rheinischen Karneval herausgepickt und machten so ihre eigene Fasnet. In der Zeit seit 1950 hatte der Verein nur fünf Präsidenten: Jakob Viesel (1953 bis 1967), Walter Knör (1967 bis 1982), Martin Barth (1982 bis 1996), Roland Schanz (1996 bis 2018) und seit 2018 Stefan Kürsammer.
1985 wurden die Burghexen zum Leben erweckt. Mir ihren markanten Holzmasken sind sie aus der Melchinger Fasnet nicht mehr wegzudenken. Sie bereichern nicht nur die Hausfasnet, sondern sind auch bei auswärtigen Umzügen gern gesehene Gäste. Ihre Pyramiden sind legendär und im weiten Umkreis bekannt. Hexenvater Klaus Szaukellis hat stolze 150 wilde Hexen in seiner Gruppe. 1992 komplettierte die Gründung der Klein-Berliner Bären durch Karl-Heinz Weidner den Verein. Diese kinder- und familienfreundliche Gruppe ist in der Zwischenzeit auf 80 Bären angewachsen.
Grund genug also für die Narrhalla Klein-Berlin, ein »verruckts Doppeljubiläum« zu feiern. Los geht’s am Freitag, 10. Januar, um 19 Uhr mit einem Nachtumzug. 35 befreundete Narrenzünfte nehmen daran teil, schaurig-schöne Gestalten ziehen durch Melchingen und feiern anschließend im Festzelt die Project(HE)XParty, einen Abend mit vielen Überraschungen.
3 500 Narren aus 64 Zünften
Der Samstagabend steht im Zeichen des Show- und Marschtanzes. Tanzgarden aus der näheren und weiteren Umgebung messen sich ab 19.30 Uhr im Festzelt. Eröffnet wird der Abend von der Rungglä-Südder Guggenmusik aus der Schweiz. Zwischen den Marsch- und Gardetänzen gibt es eine Showeinlage der Heuberg Hexen aus Mössingen. Die DJs Barthes und ScoDy legen nach dem Programm für die Gäste auf.
Höhepunkt der Festtage ist der große Jubiläumszug: Am Sonntag, 12. Januar, schlängeln sich ab 13.11 Uhr rund 3 500 Narren aus 64 Zünften durch Melchingens Straßen. Am Freitagabend und am Sonntag wird zusätzlich die Festhalle bewirtet, hier bietet sich für kleinere Lumpenkapellen oder Musikgruppen die Möglichkeit, die Gäste zu unterhalten.